Über Liebe schreiben?
Da sitze ich nun und denke. Ein Moment des Aufruhrs. Küsse, Jugend, erste Liebe – all das liegt so weit zurück. Erledigt, könnte man meinen. Warum also jetzt die Vergangenheit zurückholen?
Weil ich es jetzt kann. Schreiben, Leben in Zeilen fassen, Gefühle ausdrücken – das habe ich erst im Laufe meines Lebens gelernt. Früher gab es weder Blogsoftware noch Internet, und handschriftliche Tagebücher waren nie mein Ding. Doch plötzlich wird diese alte Zeit mit einem Schlag lebendig. Immer wenn ich heute etwas Persönliches lese, löst es etwas in mir aus.
In sozialen Netzwerken stoße ich oft auf Geschichten über fehlende Liebe, Wärme, Nähe oder Partnerschaft. Über das allgegenwärtige, scheinbar unerreichbare Glück in der Liebe. Und ich denke: Liebe ist kein Lottogewinn. Sie ist Sehnsucht. Sie überfällt dich, bleibt, verlässt dich manchmal, kehrt zurück – oder nie wieder. Sie verändert sich, wandelt sich mit uns. Geduld braucht man in erster Linie mit sich selbst. Ich habe gelernt, dass man Zeit braucht, um eine vergangene Liebe zu begreifen, zu verarbeiten, um bereit zu sein für eine neue Erfahrung.
Die erste große Liebe – schönste Erfahrung und größte Lehre
Die erste große Liebe ist die intensivste. Meine dauerte sieben Monate, und nach dieser Zeit wäre ich nicht fähig gewesen, meine Gefühle aufzuschreiben. Der Trennungsschmerz war überwältigend – ich fühlte mich, als hätte ich alles verloren. Jeder Schritt tat weh, als stapfte ich durch tiefen Wüstensand oder Schlamm. Worte, um zu retten, was verloren schien, blieben mir im Hals stecken.
Der Trost von Freunden und Familie half nur wenig – oft fühlte er sich oberflächlich oder sogar verletzend an. Sie sprachen von Makeln, die ich nie sah, von Warnungen, die mich nicht erreichten. Doch diese Liebe, die ich erlebt hatte, war einzigartig. Sie blieb in mir. Ich habe sie nie ganz aufgegeben, und ich habe daraus gelernt: Jede Liebe ist ein Lernprozess.
Manchmal fahre ich zufällig an ihrem damaligen Wohnort vorbei. Das Gebäude, die Straße, die Kastanien – alles ist verändert, und doch bleiben Erinnerungen lebendig. Hand in Hand gingen wir damals heim, und ich sehe es noch vor mir, als wäre es gestern.
Warum schreibe ich das jetzt? Weil ich älter werde, die Momente des Lebens kostbarer sind, weil Freunde und Angehörige plötzlich krank werden, weil der Tod zeigt, wie zerbrechlich die Zeit ist. Geschichten, die wir erlebt haben, prägen uns, helfen uns, schwierige Situationen zu bewältigen. Mein Sohn wird eines Tages fragen, wie es war. Dann kann er es lesen und fühlen, wie es damals war – eine Erinnerung, lebendig und echt.
Die Liebe, die wir erfahren, bleibt in uns. Auch wenn die Welt sich verändert, bleiben die Gefühle, die Gerüche, die Erinnerungen. Es sind diese Momente, die uns formen. Und das Schönste: selbst nach Jahrzehnten kann ich diese Gefühle noch einmal erleben – durch Worte, durch Erinnerung, durch die Freude am Schreiben.
Ein Moment der Rührung, ein Augenblick, in dem Freude, Trauer und Liebe ineinanderfließen. Herrlich.