Die Internet Lieben
Die Internet-Lieben
Ja, da staunt ihr – die gibt es auch.
Menschen, die man durch das Internet kennenlernt.
Schon damals, als alles noch ganz neu war. In den frühen Chats, als das Netz gerade laufen lernte – auf MSDOS-Ebene, bei den MSN-Chats wie „Herzflimmern“ oder „Deutschland Ü30“.
Menschen, die schrieben.
Die man las, Zeile für Zeile – und zwischen diesen Zeilen spürte man:
Da ist jemand Wertvolles.
Da ist Verstand, da ist Gefühl, da ist Wärme.
Es waren Begegnungen ohne Blickkontakt, und doch voller Nähe.
Manche gaben Ratschläge, für die man sie liebte.
Andere stellten Fragen, die einen selbst weiterbrachten.
Wieder andere schickten ein Lächeln – aus Worten gemacht.
Diese Menschen steigerten mein Denken, meinen Geist, mein Herz.
Ich wollte sie treffen, erleben, umarmen.
Und einige von ihnen wurden zu echten, tiefen Freunden.
Menschen, die mir bei jedem Treffen eine Gänsehaut bescherten, weil sie mir schon vorher so vertraut waren.
Einige sind mir bis heute unglaublich wichtig.
Später kamen ICQ, dann Twitter, Foren, Messenger –
und mit ihnen immer neue Begegnungen, die mein Leben prägten.
Sie haben mir täglich ein Stück Liebe geschenkt, mich inspiriert, mich getragen.
Sie haben mich befeuert, angetrieben – und mich, durch ihre Liebe und ihr Verständnis, zu einem anderen Menschen geformt.
Ja, das war und ist Liebe.
Nicht im romantischen Sinne allein, sondern als tiefe Menschlichkeit.
Liebe zur Sache, zur Meinung, zum Leben selbst.
Auch im Internet gab es eine Liebe, die zwischen den Zeilen begann –
ein Flirren, ein Funke, der in der Wirklichkeit aufflammte.
Doch die Entfernung ließ keine feste Beziehung zu.
Und trotzdem: sie war echt. Sie war wichtig.
Ein weiterer Meilenstein auf meinem Weg.
Vom Chat in den Ernst des Lebens – mit vielen guten Gefühlen im Gepäck.
Ich mache hier keine Trennung zwischen Männern und Frauen.
Ich kann Menschen lieben – einfach, weil sie sind, wie sie sind.
Wegen ihres Geistes, ihrer Haltung, ihrer Wärme, ihres Wesens.
Das hat nichts mit Geschlecht zu tun, sondern mit Herz.
Manche von ihnen leben weit entfernt – in der Schweiz, in den USA, anderswo.
Und wäre ich ihnen zufällig auf der Straße begegnet, ich hätte sie vielleicht gar nicht bemerkt.
Aber das Internet hat sie mir geschenkt.
Deshalb liebe ich das Internet.
Bei allem Ärger, den uns soziale Medien manchmal bereiten –
es ist ein Teil meines Lebens.
Und es hat mich geformt zu dem Menschen, der ich heute bin.