Kann ein Blick oder Kuss ein Leben verändern?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kann ein Kuss ein Leben verändern?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufschreiben ist gut – doch womit fange ich an?
Die erste Frage, die sich mir stellte, war: „Kann ein Kuss ein Leben verändern?“
Die zweite: „Kann ein Blick ein Leben verändern?“

Ja. Bereits der erste Kuss hat mich geprägt – er hat mein Leben verändert. Ein tiefer Blick in die Augen einiger Frauen genügte, und meine Welt war nicht mehr dieselbe.

War das ein Drama? Nein, es war kein Drama, sondern eine Serie von Momenten, die sich über viele Jahre erstreckten. Zurück zum ersten Kuss: Eine zarte Pflanze, die erste große Liebe, der Blick in die wohl tiefsten blauen Augen des Universums. Augenblicke, in denen du einfach vergehst.

Diese Momente waren herrlich. Und je länger ich darüber nachdachte, desto deutlicher wurde mir, wie sehr die Liebe mich und mein Leben verändert hat. Wie schön, dass ich diese Erinnerungen tief bewahrt habe und sie nun noch einmal erleben kann.

Es waren immer die Augenblicke, in denen ich mich selbst gefunden habe – Augenblicke, die mein weiteres Leben geprägt haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zurück in die Jugend

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Meine Gedanken führten mich weit zurück in die Vergangenheit – in die Tage meiner ersten großen Liebe. „Wer möchte denn bitteschön deine Erlebnisse aus den 60er-Jahren lesen?“ dachte ich zunächst. Doch dann erkannte ich: Die Liebe hat sich im Kern nie verändert.

Was sich verändert hat, ist die Welt um uns. Meine Kinder erleben heute eine völlig andere Gegenwart, schneller, vernetzter, digitaler. Ich wuchs ohne Kino, ohne tiefgehende Liebesgeschichten auf dem Bildschirm, ohne Gespräche über Gefühle in der Familie. Meine Mutter etwa schien oft nur zuhören zu wollen, um mich auszuhorchen, statt wirklich meine Gefühle zu verstehen – darüber später mehr im Kapitel „Mutterliebe“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zart besaitet, aber sehr wild aufgewachsen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich war zart besaitet, aber wild aufgewachsen – ein Kind der Straße. Unser Spielplatz war die Stadt selbst. Autos konnte man an einer Hand abzählen, und große Teile von Wuppertal waren noch unberührte Wildnis. Heute würde man sagen: „Lost Places“. Damals waren es unsere Abenteuerplätze, Steinbrüche, Bäche, Baulücken, Wälder – meine kleine Wildnis. 1965 zogen wir in die Siedlung beim Schloss Lüntenbeck in Vohwinkel, umgeben von Wald, Teichen und wilder Natur. Für mich war das purer Freiraum, unendlich und geheimnisvoll.

„Ihr Sohn ist eine verwilderte Existenz“, sagte mein Mathematiklehrer damals zu meiner Mutter. „Sie müssen ihn zügeln.“ Wohl wahr – er hatte Recht. Ich war neugierig, ungestüm und immer auf Entdeckungstour. Alles lernte ich in Echtzeit, ohne Vorbereitung. Ich stürzte mich kopfüber in Bäche, sprang in Fischteiche, stolperte durch Steinbrüche – oft triefend nass, frierend, aber überglücklich, und kehrte nach Hause zurück, in gleichgültiger Erwartung einer ordentlichen Tracht Prügel. Doch diese war für nasse und dreckige Kleidung obsolet. Meine Eltern machten sich nie Sorgen, ob ich ertrinken könnte – sie wussten nicht einmal, wo ich mich aufhielt. Hätte jemand gewusst, wo wir Kinder herumstreunten, hätte er vor Angst wahrscheinlich geschrien. Für mich war es Gold. Pures, grenzenloses Kinderglück.

Angst vor dem Holzkochlöffel oder einer donnernden Ohrfeige? Kaum vorhanden. Ich hatte Hornhaut auf dem Hintern und die Entdeckungsfreude war stärker als jeder Schmerz. Wenn die Haue kam, war sie schnell vorbei – die Erinnerungen an Freiheit und Abenteuer blieben.

Diese ungestüme Kindheit war auch der Boden, auf dem meine ersten Erfahrungen mit Küssen und Liebe wuchsen. Und ich fragte mich: Warum habe ich das nie aufgeschrieben?

Mein Kopf lief auf Hochtouren. Die Erinnerung war lebendig, fast greifbar. Ich spürte den Regen auf meiner Haut, den Staub der Straßen, den Duft des Waldes. Alles zusammen ergab ein Bild, das mich tief in die Jugend zurückführte – in eine Zeit voller Neugier, Mut, Freiheit und erster zarter Gefühle.